Curia Raetorum (Chur GR)

Nachdem die Römer im Jahre 15 v. Chr. Rätien erobert hatten und zur Provinz Raetia machten, entstand im heutigen Welschdörfli in Curia Raetorum eine bäuerlich-gewerbliche Siedlung, ein sogenannter Vicus, der vom 1. bis ins 4. Jahrhundert besiedelt war. In diversen Ausgrabungen, vor allem seit den 1960er Jahren, wurden bedeutende Teile dieser antiken Kleinstadt freigelegt – überwiegend Wohnbebauung, aber auch öffentliche Gebäude, verschiedene Bauten für Handel und Handwerk sowie mindestens eine Thermenanlage. Auf dem Platz vor der damaligen Markthalle (heute: Stadthalle) wurde 1965 ein Stück einer Ehreninschrift für den Augustus-Sohn Lucius Caesar gefunden, das wohl ursprünglich Teil eines Ehrenmonuments wie etwa eines Triumphbogens war.

Weitere römische Siedlungsspuren wurden auf dem «Hof», einem nach Süden zur Plessur felsig abfallenden Plateau mit dreieckigem Grundriss, nachgewiesen. Dort existierte spätestens in spätrömischer Zeit (3.–5. Jahrhundert) ein Kastell – ob dieses bereits während der Kaiserzeit bestand, ist nicht sicher. Aus dieser militärischen Struktur entwickelte sich wohl bereits im 4. Jahrhundert n. Chr. das Bistum Chur, bei dem es sich damit um das erste Bistum nördlich der Alpen handelt. Der erste namentlich bekannte Bischof ist Asinio, der 451 bezeugt ist. Aus dieser Zeit stammen wohl auch die ersten Phasen der Kathedrale von Chur und der Bischofsresidenz. Das Siedlungszentrum verlagerte sich auf das rechte Plessurufer.

Ein lokales Verwaltungszentrum war Chur bereits in den ersten Jahrhunderten seines Bestehens gewesen, worauf unter anderem das Ehrenmonument für Lucius Caesar hindeutet. Möglicherweise wurde der Ort nach Aufteilung Raetiens unter Kaiser Diokletian zur Hauptstadt der neu gegründeten Provinz Raetia prima, die sich vom Bodensee bis zu den oberitalienischen Seen und in den Vinschgau erstreckte. Dafür spricht vor allem die Tatsache, dass die spätantiken Bistümer oft aus den politischen Verwaltungsstrukturen heraus entstanden.

In der Völkerwanderungszeit diente Chur als nördlicher Vorposten des ostgotischen Reichs und gelangte dann im 6. Jahrhundert unter fränkische Herrschaft.