Trier, Rom des Nordens

Augusta Treverorum (Trier) war die grösste Stadt jenseits der Nordalpen. Als Stadttor ist die palastartige Porta Nigra in Trier einzigartig. Zur Kirche umgestaltet, überstand sie die Jahrhunderte und wurde dann auf Napoleons Geheiss hin wieder in ihre ursprüngliche Form zurück gebaut.


Trier bietet jedoch noch andere im westlichen Europa einmalige antike Zeugnisse: hoch aufragende Thermenmauern, eine bis heute benutzte Brücke, das in die antike Stadtmauer integrierte Amphitheater, die als Kirche genutzte Palastaula aus konstantinischer Zeit sowie Fragmente von Wohnhäusern und Villen, von Skulpturen und Mosaiken. Dazu kommt ein bis in die frühchristliche Epoche zurückreichender, später vielfach umgeformter Kirchenkomplex, unter dem man nach dem Zweiten Weltkrieg ein mit Fresken ausgestattetes Haus entdeckte, das von einigen Forschern als Palast von Konstantins Mutter Helena gedeutet wurde. 

Dank der günstigen Lage an wichtigen Fernstrassen, die hier die schiffbare Mosel kreuzten, dank Handel und florierendem Export von Stoffen, Terra-sigillata-Gefässen und bunt bemalter schwarzer Spruchbecherkeramik wuchs Augusta Treverorum schnell zu einer «urbs opulentissima» heran. 

 

Als Verwaltungssitz der Provinz Gallia Belgica konnte die Stadt sich Mitte des 2. Jahrhunderts Luxusbauten leisten, von denen die mit importierten Marmorstatuen geschmückten Barbarathermen als grösste Badeanlage ausserhalb Roms die Bewunderung ausländischer Handelsleute und der vom Land zugezogenen Kelten erregten. 

 

Als die schliesslich Treveris genannte Stadt im Zuge der diokletianischen Reichsreform im Jahr 286 zu einer Residenz der römischen Kaiser und zum Zentrum der neugeschaffenen, bis nach Marokko reichenden Präfektur Gallien ernannt wurde, erlebte sie eine späte Blüte – und dies in einer wechselvollen Zeit, als die Städte am Rhein nachdem die Legionäre ab 253 n. Chr. nicht mehr richtig bezahlt werden konnten durch Germaneneinfälle bereits empfindlich geschwächt waren.

 

Obwohl die einstige Heimat des Helvetiers von Gallien abgetrennt und der von der Garnisonsstadt Mogontiacum (Mainz) aus verwalteten Provinz Germania superior zugeschlagen worden war, lässt sich in der stolzen gallischen Provinzhauptstadt Trier und in Aventicum, dem Hauptort der Helvetier, über lange Zeit hin eine ähnliche Entwicklung ausmachen. Beide Städte wurden Mitte des 1. Jahrhunderts ehrenhalber in den Rang einer Colonia erhoben. Neben den üblichen Foren, Tempelbezirken, Kultur- und Vergnügungsbauten besassen beide eine beeindruckende, mehr als sechs Kilometer lange, mit grossen Toranlagen versehene Stadtmauer, die eine Fläche von je rund 2,5 Quadratkilometern einfasste. 

 

Vor den Germaneneinfällen im 3. Jahrhundert zählte Aventicum gut 80’000 Einwohner. Trier hatte etwa 350’000 Einwohner. Doch während sich Aventicum von den Invasionen nie mehr richtig erholte, wuchs das nun als Kaiserresidenz fungierende Treveris zur grössten Stadt nördlich der Alpen heran und erreichte zeitweise wohl eine Bevölkerung von über 350’000 Einwohnern. Doch erlaubt die ganz auf das römische Südwestdeutschland fixierte Ausstellung keine vergleichenden Blicke auf die grossen obergermanischen Städte Aventicum oder Augusta Raurica, wo man mit einem spätrömischen Kastell am Rhein den Niedergang aufzuhalten suchte.